Doch was passiert mit den Menschen, wenn Maschinen mehr und mehr Aufgaben übernehmen? Viele Arbeitnehmer machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Jochen Hanebeck, Vorstandsmitglied bei Infineon, sieht die Entwicklung gelassen: „Die Hälfte aller Arbeitnehmer ist mit Sicherheit von der Digitalisierung betroffen. Dass in Summe Arbeitsplätze wegfallen, sehen wir nicht.“ Ein Musterbeispiel ist die Halbleiterfertigung von Infineon in Dresden. Hier stellt das Unternehmen Chips auf 200-Millimeter und auf 300-Millimeter-Wafern her. Die 300-Millimeter-Linie wurde von Beginn an auf eine vollautomatisierte Fertigung angelegt. Die ältere 200-Millimeter-Linie hingegen wurde in den vergangenen Jahren schrittweise immer stärker automatisiert und vernetzt.
Sie verfügt mittlerweile über einen Automatisierungsgrad von rund 90 Prozent. So konnte der Fertigungsstandort seine Produktivität seit Gründung Mitte der Neunziger Jahre um 70 Prozent steigern. Gleichzeitig blieb die Zahl der Beschäftigten in den vergangenen zehn Jahren konstant bei ca. 2.000 Mitarbeitern. Im Dresdner Werk haben Digitalisierung und Vernetzung die Wettbewerbsfähigkeit erhalten, für Wachstum gesorgt und einen wesentlichen Beitrag zur langfristigen Sicherung des Standorts geleistet.
Zu einer vielversprechenden Prognose kommt auch eine Studie der Boston Consulting Group. Ihr zufolge trägt Industrie 4.0 jährlich ein Prozent zum deutschen Bruttoinlandsprodukt bei und sorgt dafür, dass bis zum Jahr 2025 rund 390.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Künftig werden demnach mehr hochkomplexe Tätigkeiten gefragt sein, vor allem in den Bereichen IT, Datenanalysen und Wartung. Wovon es weniger geben wird, das sind vorwiegend einfache Routineaufgaben. Und denen trauert auch nicht unbedingt jeder nach. Denn wenn der Roboter schwere Kästen durch die Gegend schleppt, schonen menschliche Mitarbeiter nicht nur ihre Gesundheit, sondern haben auch mehr Zeit, sich um anspruchsvollere Dinge zu kümmern.
Arbeitnehmern fordert diese Entwicklung die Bereitschaft ab, sich ständig weiterzuentwickeln. Ein erfolgreiches Beispiel ist Uwe Häßler: Der gelernte Elektriker fing 1990 als Facharbeiter beim Maschinenbauunternehmen Harting Applied Technologies an und wechselte 2001 in die SPS-Programmierung. Heute entwickelt er Industrie-4.0-Systeme und IT-Schnittstellen. „Vor drei Jahren, als ich mit dem Forschungsprojekt begonnen habe, waren all die Dinge, die damals angesprochen wurde, für mich unvorstellbare Visionen“, sagt Uwe Häßler. „Damals habe ich gesagt, das geht nie. Heutzutage gehöre ich selber zu denjenigen, die sagen: Ja, das geht. Und ich entwickle selber Visionen.“